Weiter zum Hauptinhalt

Editorial 2023

Sehr geehrte Damen und Herren

Alte und neue Ereignisse, mit denen die RUAG MRO Holding AG im Berichtsjahr konfrontiert war, haben uns dazu veranlasst – mit externer Unterstützung – konsequent und unabhängig eine Untersuchung einzuleiten. Trotz vieler Herausforderungen setzen wir alles daran unseren Auftrag zu erfüllen: Die Sicherung der Einsatzbereitschaft der Schweizer Armee als verlässlicher Partner. Die Grundlage dafür bilden unsere leistungsbereiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Governance auf dem Prüfstand

Der Weggang von CEO Brigitte Beck wurde durch die interimistische Einsetzung von CFO Christian Priller und Business Area Air Head Thomas Kipfer aufgefangen. Der Verwaltungsrat dankt ihnen für ihre Bereitschaft, in diesem sehr anspruchsvollen Jahr als Co-Leitung die Firma interimistisch zu führen. Neben dem CEO-Wechsel war der Entscheid des Bundesrates in der Öffentlichkeit und RUAG-intern prägend, den Verkauf von 96 sich im Besitz von RUAG befindlichen, nicht einsatzfähigen Kampfpanzern des Typs Leopard 1 zu untersagen. Das Geschäft wurde in der Folge nicht umgesetzt. Da auch für uns nicht alle Sachverhalte in den betreffenden Verträgen lückenlos nachvollziehbar waren, haben sowohl die EFK als auch RUAG selbst je eine Untersuchung eingeleitet. Die EFK hat dabei den Lead übernommen, um die Unabhängigkeit sicherzustellen. Zum Ende des Berichtsjahres liefen diese Untersuchungen noch. Die EFK wird zudem das Zusammenspiel und den Informationsfluss
zwischen RUAG und dem Eigner prüfen. Diese weiteren Prüfungen werden 2024 stattfinden.

Auch wenn für uns dieses Thema eine Altlast aus dem Jahr 2016 ist – die Panzer wurden von der damaligen RUAG Defence, einer Division des mittlerweile aufgelösten RUAG-Konzerns, gekauft – ist es für uns absolut zentral, dass sämtliche Geschäftsaktivitäten, für die wir Verantwortung übernehmen, konsequent gesetzeskonform, transparent und gemäss den Vorgaben des Eigners abgewickelt werden.

Im Laufe des Jahres 2023 hat RUAG insgesamt die Zusammenarbeit mit den Eignerstellen weiter verfeinert. Das Risiko-Management-System hat – auch durch einen externen Auditor bestätigt – einen guten Level erreicht. Trotz der schwierigen Herausforderungen, welche die Schlüsselpersonen von RUAG sehr belastet haben, wurde so die Resilienz und Durchhaltefähigkeit des Unternehmens aufgezeigt.

Finanziell auf Jahresbudget 2023 aber langfristig ungenügend

Das Unternehmen war im Berichtsjahr mit geschäftlichen Herausforderungen konfrontiert, die den EBIT belastet haben. In der Business Area Air konnten die budgetierten Ergebnisse nicht erreicht werden, da Leistungen seitens der Armee nicht abgerufen wurden und RUAG in einigen Leistungselementen die gewünschten Kapazitäten nicht vollständig liefern konnte. Die Business Area Ground konnte gegenüber dem Vorjahr ihr operatives Ergebnis deutlich verbessern, musste aber aufgrund möglicher zusätzlicher Belastungen aus Altverträgen Rückstellungen in Höhe von CHF 12 Mio. bilden. Auf der anderen Seite wirkte das Ergebnis von RUAG Real Estate AG kompensierend, welches sowohl durch den Verkauf eines Teilareals in Stans an die Pilatus AG als auch durch geringere operative Ausgaben höher ausfiel als geplant.

Insgesamt ist die erreichte EBIT-Marge von 3 % noch nicht befriedigend und genügt nicht für eine langfristige, nachhaltige finanzielle Grundlage des Unternehmens. Auch bezüglich der Liquidität zeigt sich nach drei Jahren, dass die knappe Ausstattung mit Kapital zum Zeitpunkt der Entflechtung nicht ausreicht, um die zahlreichen Altlasten zu bewältigen und gleichzeitig sowohl die Investitionen in die Zukunftssicherung von RUAG als auch die Systemablösungen der Armee vorzufinanzieren.

Trotz dieser Entwicklungen konnte RUAG zahlreiche, geschäftsrelevante Erfolge erzielen. Diese halfen mit, das Unternehmen auf Kurs zu halten und seine Position als umfassendes und innovatives Sicherheitsunternehmen zu festigen.

Strategisch auf Kurs

RUAG hat intensiv an der Ausgestaltung und Umsetzung der Unternehmensstrategie gearbeitet. Hier konnten in einigen Tätigkeitsfeldern Fortschritte erzielt werden.

Die RUAG Innnovation Organisation (RIO) hat sich – in enger Abstimmung mit armasuisse W+T sowie den Swiss Innovation Forces – im Ökosystem «Innovation Sicherheit Schweiz» etablieren können.

Im Geschäftsfeld Cyber Security konnte RUAG 2023 den Kauf der CyOne Security AG abschliessen. Diese Akquisition wurde eng mit dem Eigner und der Armee abgestimmt. CyOne bildet ein zentrales Element für die sichere Kommunikation des Bundes auch ausserhalb der Armee und ist eines der führenden Unternehmen in der Kryptologie in der Schweiz. Sie steht damit für «Souveräne Sicherheit», ein Markenversprechen von RUAG.

Dass RUAG auch im wirtschaftlich kompetitiven, internationalen Drittgeschäft erfolgreich anbieten kann, hat sich mit dem Projekt Artemis gezeigt. Der Auftrag zur Aufbereitung und Modernisierung von F-5 Jets für die United States Navy ist ein klares Zeichen dafür, dass die Kompetenzen und Fähigkeiten von RUAG wettbewerbsfähig sind und international hohe Wertschätzung erfahren. Dies ist auch für den Erhalt der Fähigkeiten für die Schweizer Armee strategisch bedeutsam.

Zukunftsrelevant und erfolgreich waren die umfangreichen Vorbereitungen gemeinsam mit der Logistikbasis der Armee und letztlich der Abschluss des Mehrjahres-Service-Level-Agreements für den Zeitraum 2024-2027. Dieser Vertrag ist ein Zeichen des Vertrauens und der transparenten Zusammenarbeit und garantiert der Armee eine hohe Verfügbarkeit für 130 Systeme.

Operative Excellence zugunsten der Effizienzsteigerung der Armee gestärkt

Ein weiterer erfreulicher Meilenstein ist der erfolgreiche Abschluss des dreijährigen Programms Cervino (e2e Prozess Redesign und SAP S4 Migration), das zum 1. Januar 2024 live gesetzt wurde. Damit vereinheitlicht RUAG die übernommene disperse Prozesslandschaft in einer umfassenden Systemumgebung. Dies ermöglicht eine deutlich bessere Steuerung von Effizienz und Verfügbarkeit und leistet so einen Beitrag an die operative Leistungsfähigkeit der Armee.

Gerade auch in einer sich fundamental verändernden weltpolitischen Umgebung mit Krieg in der Ukraine und grossen Verwerfungen im Nahen Osten, die auch zu Lieferverzögerungen ausländischer Rüstungsunternehmen in der Schweiz geführt haben, zeigte sich RUAG stabilisierend und konnte einzelne Lieferverzögerungen zugunsten der Schweizer Armee ausgleichen beziehungsweise ihre Lieferfähigkeit voll erfüllen.

Zur Sicherung einer zuverlässigen und zukunftssicheren Leistungserbringung für den Hauptkunden konnte RUAG zudem wichtige Bauvorhaben erfolgreich umsetzen, zum Beispiel mit einer hochmodernen Anlage für Tests im Bereich Elektromagnetische Verträglichkeit sowie einem elektrisch angetriebenen und damit ESG-konformen, universellen
Getriebeprüfstand.

Fokus auf zukunftsfähige Expertise

Mit diesen erfreulichen Entwicklungen zeigt sich RUAG sicherheitspolitisch relevant und leistet einen wesentlichen Beitrag zur souveränen Sicherheit der Schweiz. Die Erfüllung dieses auch in Zukunft prioritären Auftrags ist nur mit einem konsequenten Fokus auf zukunftsfähige Expertise mit motivierten und kompetenten Mitarbeitenden möglich. Dieser Fokus auf die Ausbildung von Fachkräften ermöglicht es RUAG, regelmässig zu den besten Ausbildungsbetrieben des Landes gezählt zu werden. Insgesamt schlossen 60 Lernende in 13 verschiedenen Berufen ihre Ausbildung bei RUAG ab. Vier dieser Lernenden gewannen Medaillen an den nationalen Berufsmeisterschaften und belegten damit eindrücklich, dass sie zu den Besten der Schweiz gehören.

Das Jahr 2024 wird im Zeichen der Fokussierung stehen. Es gilt die Führung zu stabilisieren, neue Prozess- und Systemwelten zu leben sowie weiterhin konstant und zuverlässig die Leistung und damit die wirtschaftlichen Ergebnisse zu erbringen. Die weltpolitische Lage wird auch 2024 ein herausforderndes Umfeld für die Sicherstellung der Supply Chain und damit der Verfügbarkeit der Armeesysteme bilden. Unsere Strategie gibt den Weg vor und wir werden konsequent an deren konkreten Umsetzung arbeiten. Die Altlasten werden uns auch 2024 noch begleiten. Deshalb erwarten wir aufgrund der nach wie vor hohen Sonderbelastungen für das Gesamtjahr 2024 ein EBIT in etwa auf dem Niveau von 2023.

Trotz oder gerade wegen der leider unerfreulichen Zwischentöne im vergangenen Jahr ist es uns ein besonders grosses Anliegen, den Blick nicht zu verstellen und die rasche Entwicklung der Zukunftsfähigkeit dieses Unternehmens unter Beweis zu stellen. Wir wollen ein verlässlicher Partner sein und unserer Hauptaufgabe im Dienst der Sicherheit dieses Landes mit einer professionellen Governance und einer leistungsfähigen und anerkannten Führungsstruktur gerecht werden. Dies wird die oberste Priorität von RUAG sein.

Nicolas Perrin, Verwaltungsratspräsident RUAG MRO Holding AG

Thomas Kipfer, Co-CEO a.i. RUAG MRO Holding AG

Christian Priller, Co-CEO a.i. RUAG MRO Holding AG